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Tiefpunkt 1.896 m Hochpunkt 4.049 m Aufstieg 3.700 m Abstieg 3.700 m

Blick von der Tschiervahütte zum Biancograt Rast vor dem Biancograt Biancograt Gratkletterei Aufstieg auf dem Biancograt Abstieg vom Fortezzagrat vor dem Biancograt Vor dem Biancograt
 
Tourenverlauf
17.08.2003
Morteratsch (1.896 m) > Chamin (2.343 m) > Bovalhütte (2.495 m)
18.08.2003
Bovalcharte (3.247 m) > Piz Morteratsch (3.751 m) > Bovalcharte (3.247 m) > Tschiervahütte (2.583 m)
19.08.2003
Prievlusascharte (3.430 m) > Biancograt > Piz Bianco (3.995 m) > Piz Bernina (4.049 m) > Spallagrat > Marco e Rosa Hütte (3.597 m)
21.08.2003
Bellavista - Terrasse > Fortezzagrat > Morteratschgletscher > Morteratsch (1.896 m)
Tourenbericht
Tja, dass ich einmal den Biancograt gehen würde war so gar nicht geplant. Eigentlich wollte ich nur an einem Eis- und Gletscherkurs der Altenburger Sektion des DAV’s teilnehmen. Da ich mich aber als einzigster Teilnehmer meldete, machte es keinen Sinn diesen Kurs durchzuführen. Und so entschlossen sich die beiden Bergfreunde Kalle und Dirk mich auf die Tour in das Berninagebiet mitzunehmen, denn so könne ich von ihnen auch reichlich dazulernen. Na ja, und weil ich nun mal für alles offen bin und ich mir das auch zu traute, war ich von der Sache schnell begeistert.

Und so ging es sonntags früh um vier (Ich weiß: eine Recht unchristliche Zeit) mit Dirks Kombi in Richtung Süden los. Bis in die Schweiz hatten wir ganze 700 km zurückzulegen, was wir aber mit mehreren Fahrerwechseln erträglich machten. Und durch den recht flüssigen Verkehr an diesem Tag, waren wir auch schon zur Mittagszeit in Pontresina wo wir uns noch einmal stärkten, und eine Stunde später in Morteratsch was der Startpunkt unserer Tour sein sollte. Dort angekommen mussten wir erst einmal die Parkgebühr für die nächsten fünf Tage entrichten, was uns 7,50 SFr für den ersten und 4,50 SFr für jeden weiteren Tag kosten sollte.

Nun gut, Rucksack gepackt, Ausrüstung verteilt, berggerechte Kleidung angezogen und los ging es durch das schöne Morteratschtal. Vom Parkplatz geht ein viel begangener Latschenweg zum Ende des Mortertschgletschers, wobei man immer wieder auf Schildern gezeigt bekommt wo der Gletscherstand vor etlichen Jahren einmal war. Ist schon recht bedenklich, wenn man sieht wie sehr sich das Eis zurückgezogen hat. Wir bogen dann rechts auf einen Pfad ab der uns über den Chamin zur Bovalhütte führen sollte, was unsere erste Herberge sein sollte. Auf der kleinen Hütte, die mäßig belegt war, bezogen wir unser Lager, studierten die Tour für den nächsten Tag und ließen den Abend mit ein paar halben ausklingen. Dabei lernten wir drei Ösis kennen, denen wir an den folgenden Tagen immer wieder begegneten, da sie den gleichen Weg hatten wie wir.

Montags war dann um 5:00 Uhr wecken, denn wir wollten zum eingehen auf den 3.751 m hohen Piz Morteratsch und weiter zur Tschiervahütte, was das Tagesziel sein sollte. Das mäßige Frühstück auf der Hütte war nicht der Rede wert (zum Glück hatte ich noch einige Restkalorien vom Vortagsbier gespeichert) und so packten wir unsere sieben Sachen und machten uns um halb sieben auf den Weg. Es ging erst auf einen schmalen Pfad mäßig bergan, dann durch wegloses Gelände und weiter mit ein wenig Kletterei hinauf zur Bovalcharte. Dort teilt sich der Weg hinab zur Tschiervahütte oder hinauf zum Piz Morteratsch. Wir rasteten erst einmal und legten unsere Gletscherausrüstung an, denn wir wollten ja hinauf und dort begann das Eis. Bis auf einen kleinen Eisbruch, den man mit ein bissel Kletterei überwinden muss, ist der Weg zum Gipfel einfach zu begehen.

Oben angekommen richteten sich unsere Blicke zuerst einmal hinüber zum Biancograt, der aber leider in den Wolken hing. Vom Gipfel aus hätten wir nämlich die gesamte Route hinauf zum Piz Bernina einsehen können. Pech gehabt, und das Wetter zog immer weiter zu, so dass wir nur kurz inne hielten und uns gleich wieder auf den Rückweg machten. Wie schon hinauf hielt der kleine Eisbruch ein wenig auf, aber wir schafften es noch fasst trocken auf die Tschiervahütte. Bei gutem Wetter ist diese Herberge ständig überfüllt, denn sie ist der ideale Anlaufpunkt für alle Biancogatgeher. Da der Wetterbericht  Recht hatte und kein beständiges Wetter vorhersagte, wie wir ja an diesem Tag feststellten, war die Hütte nur halb belegt. Aber ein kleines Zwischenhoch, was sich unangemeldet einschlich, sollte unser Wetterglück für den nächsten Tag werden. Und daher gab es für uns nur eine Devise: Morgen oder gar nicht. Und so saßen wir dann wieder mit den drei Ösis beim Bierchen zusammen und bereiteten uns auf den nächsten Tag vor, der es noch in sich haben sollte. Abends bekam man dann die ersten Ausläufer von diesem kurzen Schönwetter zu sehen, die uns alle aus der Hütte lockten. Denn mit ein paar herrlichen Sonneneinstrahlungen auf die gegenüberliegenden Berge und auf den Biancograt gab es auf einen Schlag die besten Fotomotive.

Drei Uhr war allgemeines wecken am nächsten Morgen. Ohne Probleme und mit voller Erwartung sprang ich aus dem Schlafsack, packte meine Sachen zusammen und machte mich abmarschfertig. Miserabeler als am Vortag war natürlich das Frühstück. Für diese Kohle die man auf Schweizer Hütten dafür hinblättert kann man wahrlich mehr verlangen. Aber das sollte ja nicht der Schwerpunkt dieses Tages werden und so zogen wir um vier Uhr mit Stirnlampe bewaffnet von der Hütte los. Vom flachen Weg führt der Steig alsbald steil nach links hinauf und quert die steilen Flanken des Piz Morteratsch taleinwärts. Die rotweiße Markierung, einige Lichtreflektoren, sowie kleine Steinmänner erleichtern den nächtlichen Aufstieg. Einige Male muss man aber doch recht genau schauen und die ausgesetzten Stellen sind mit Ketten abgesichert. Als es allmählich heller wird erreichen wir den Gletscher der aber schon ziemlich abgeschmolzen ist, so dass das ständige Steigeisen an- und ausziehen nervt und Zeit kostet. Wir verlassen den Gletscher nach links auf den neu angelegten gesicherten Steig hinauf zur Prievlusascharte womit wir schon 3.430 m hoch sind.

Hier beginnt der Biancograt mit einem felsigen Aufschwung. Gleich zu Anfang müssen wir eine unangenehme Rechtsquerung auf einem abschüssigen, überdachten Band in gebückter Haltung überwinden. Danach geht es leichter weiter, mal rechts des Grates, mal links, mal obendrauf. Die Felsen sind fest und gut gegliedert, die Sicherungsmöglichkeiten reichlich. Nach der Hälfte wird der Grat nach links durch eine Rinne in die Bovalseitige Schneeflanke verlassen und unmittelbar am Felsansatz zum Beginn des eigentlichen Schneegrates angestiegen. Ein fantastisches Bild eröffnet sich, denn blendend weiß zieht der Grat in den tiefblauen Himmel. Ein Motiv von zahlreichen Postern. Der Crest´alva, so die rätoromanische Bezeichnung, gilt nicht zu unrecht als schönster Firngrat der Alpen. Wir folgen nun der gut sichtbaren ausgetretenen Stapfenreihe, die anfangs nicht steil, aber ausgesetzt auf den scharfen und geschwungenen Gratfirst aufgesetzt ist. Rechts unter uns sehen wir gerade noch die Begrenzungsfelsen der nun doch recht breiten aber auch steiler werdenden Firnschneide. Die felsigen Abgründe darunter kann man nur noch erahnen. Im oberen Drittel schneidet uns eine größere Spalte, die den Grat wie ein Riss durchzieht, den Weiterweg ab. Dort müssen wir erst in die Spalte hinein steigen und dann mit viel Aufwand wieder zurück zum Grat klettern. Da wir dort ordentlich sichern, kostet uns so eine kleine Spalte reichlich Zeit. Auch sonst knausern wir nicht mit den Sicherungen, denn lieber eine Eisschraube zuviel als zuwenig.

Um drei Uhr erreichen wir die schmale Firnspitze des Piz Bianco und verlassen somit den Firngrat, der hier bei 3.995 m Höhe endet. Während einer kurzen Rast geht unser Blick atemberaubend hinüber auf den nun folgenden Felsgrat. Unglaublich schmal und ausgesetzt zieht er sich zum Hauptgipfel hinüber, mit zwei Türmen versehen und deshalb mit einigen Abseilstellen. Es stecken allerdings einige neue Bohrhaken. Das ständige Abseilen, Klettern und Sichern erfordert noch einmal höchste Konzentration. Besonders pikant ist ein Spreizschritt, den eine Spalte von einem Meter Breite nötig macht. Dazwischen geht es nur noch runter, aber ein kurzes Fixseil erleichtert uns den unangenehmen Schritt. Danach gelangen wir über den steilen, aber nicht mehr so schwierigen Schlussgrat auf den flachen Gipfelkamm, der uns gegen sieben Uhr zum nahen Gipfel des Piz Bernina führt. Geschafft, mein erster Viertausender ist erreicht. Da es aber schon Recht spät war, bliebt nicht viel Zeit dieses auch zu genießen. Schnell ein paar Gipfelfotos geschossen, der obligatorische Eintrag in das Gipfelbuch und dann ging es auch schon wieder an den Abstieg.

Für die letzten 450 Hm zur Marco e Rosa Hütte rechneten wir über den Spallagrat mit zwei Stunden und somit, dass wir dort noch bei Tageslicht dort ankommen werden. Na ja, das dachten wir da jedenfalls noch. Zuerst geht es nach Süden über den Firngrat der recht ausgesetzt ist und danach über zwei Felsstufen die wir abseilen mussten. Da die Dunkelheit immer weiter fortschritt, packten wir noch im Felsbereich auf dem Grat unsere Stirnlampen heraus und es wurde auch immer schwerer den genauen Weg hinab zum Gletscher zu finden. Zum Glück hielt das Wetter, denn im benachbarten Tal sah man schon heftige Gewitterblitze die wir bei unserem Abstieg nicht gebrauchen konnten. Als wir dann den Zugang zum Gletscher im Dunkeln endlich gefunden hatten, wurde es mit dem Zustieg noch einmal recht heikel, was aber nach dieser Tour das niemanden mehr beunruhigte. Danach ging es im leichten Abstieg den Gletscher hinab zur Hütte, die wir dann tatsächlich um 23:36 Uhr erreichten. Der Hüttenwirt sah uns ja schon von weiten und bereitete uns noch ein lecker Süppchen und natürlich auch noch ein paar Bierchen. Gegen eins krochen wir dann ungewaschen und ein wenig geschafft in unseren Schlafsack, den wir in der Notunterkunft auf schlugen, da der Rest der Hütte überfüllt war.

Erst am Mittag des darauf folgenden Tages machte ich meine Augen wieder auf und dachte mir so: „Wäre vielleicht mal Zeit zum aufstehen“. Dirk und Kalle machten überhaupt noch keine Anzeichen sich mal in die Senkrechte zu begeben. Na ja, da es am Vortag etwas spät wurde wollten wir den Tag eh zur Erholung nutzen. Das sah dann so aus, dass wir gegen eins zu Mittag aßen und ’ne viertel Stunde später das erste Bier (6,- € die 0,5 L Büchse!!!) am Hals hatten. Und das ging dann bis zum Abend. Gut ein bissel Skat haben wir noch gespielt und auch mal einen Schritt vor die Tür gewagt. Sonst nix. Am nächsten Morgen, es war genau um 5:36 Uhr, gab es vor der Hütte ein Scheppern als ob eine Steinlawine auf uns zukommt. Ich war grad auf dem stillen Örtchen (so schnell war ich da noch nie runter) und meine beiden Spezis saßen schon bei Frühstück. Keiner sah erst einmal etwas genaues, es roch nur nach frisch gebrochenem Gestein. Das Ausmaß zeigte sich erst als wir mal einen Blick auf den Felsgrund warfen auf dem die Herberge stand. Dort sind –zig Kubikmeter Fels in die Tiefe gestürzt samt dem Klettersteig der dort zur Hütte hinauf führte. Wir kamen dann zu dem Fazit, dass die Hütte dort irgendwie nicht mehr so sicher steht. Deshalb beeilten wir uns beim Frühstück etwas um schnell das Weite zu suchen.

Für den Tag war eigentlich noch eine Tour auf den Piz Palü geplant, aber schlechtes Wetter und Sicht hinderten uns daran. Und so beschlossen wir über die Bellavista - Terrasse und Fortezzagrat abzusteigen. Das war gar nicht so einfach, da es ja in der Nacht Neuschnee gab der die ganzen Spuren verwischt hatte. Na ja, unserer Fährtensucher Dirk bahnten uns einen sicheren Weg durch den Gletscherbruch der Bellavista – Terrasse. War vielleicht auch besser, dass es so trüb war, denn so konnte man die wahre Tiefe der Gletscherspalten, die wir überquerten, nur erahnen. Auf dem Fortezzagrat angekommen klarte es dann langsam auf und ein herrlicher Blick auf der Piz Bernina mit dem schönen Biancograt eröffnete sich. Der Abstieg war bis auf ein paar Abseilstellen recht unspektakulär und so trafen wir nach zehn Stunden am Parkplatz in Morteratsch ein. Kurz ein wenig frisch gemacht, na ja Dirk musste gleich ein Bad im Gletscherbach nehmen, Sachen wieder im Auto verladen und ab ging es. Wir wollten ja noch am selben Abend im Kaunertal/Tirol sein, wo wir auch noch einen Termin mit den Bergen hatten.

Fazit
Herrliches Wetter und die super Seilschaft machten diese anstrengende Tour zu einem Erlebnis, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Allgemeine Bewertung
Sehr anspruchsvolle Hoch- und Gletschertour, die man nur mit genügend Kondition und entsprechender Ausrüstung und Erfahrung gehen sollte.
Hütten Information
Bovalhütte
AV-Hütte; Lager 23,- SFr; HP 32,- SFr; Bier 12,- SFr/L; Frühstück mäßig
Tschiervahütte
AV-Hütte; Lager 23,- SFr; HP 32,- SFr; Bier 12,- SFr/L; Frühstück sau miserabel; Dusche vorhanden
Marco e Rosa Hütte
AV-Hütte; Lager 12,- €; Notlager 5,- €; Bier 12,- €/L